Auf einer indischen Hochzeit in Mumbai

Kaum ist der Frühling in Deutschland angekommen, startet auch schon wieder die Hochzeitssaison. Weiße Kleider, schöne Kirchen, viel Familie und sehr viel gutes Essen. Einiges davon habe ich eben so erlebt auf meinem Kurztrip nach Indien. Doch vieles war auch weit davon entfernt. Mitte April hatte ich das Glück, eine hinduistische Hochzeit in Mumbai hautnah mitzuerleben und mehr über das wahre Leben und Schicksal mancher indischer Mädchen zu erfahren.

Indische Hochzeit


Ankunft in Indien
Nach einer spannenden Anreise mit dem größten Passagierflugzeug der Welt, dem A380 der Fluggesellschaft Emirates von München über Dubai nach Mumbai, schlug uns sofort die Hitze der Millionenstadt entgegen. Den Rest des Tages sind wir eher ruhig angegangen und haben ihn mit dem zukünftigen Ehepaar bei einem traditionellen Abendessen (natürlich ohne Besteck und Fleisch) ausklingen lassen. Danach wurden uns noch stolz das wunderschöne indische Hochzeitskleid der Braut und der ebenso farbenprächtige Anzug mit Turban des Bräutigams von ihrem persönlichen Schneider präsentiert. Auch wir durften in den Genuss der bunten Stoffe kommen und ließen uns einer indischen Hochzeit gemäß für insgesamt 65 Euro einkleiden.
 

Indisches Essen

 
Sightseeing in Mumbai
Den nächsten Tag verbrachten wir damit, uns während einer 5-stündigen Sightseeing Tour via Taxi einen Eindruck der Stadt zu verschaffen. Wir waren mehr als froh, dass wir jemanden dabei hatten, der uns durch das Wirrwarr der Großstadt aus Lärm, Hitze, Schmutz und der Vielzahl an Menschen einigermaßen übersichtlich geleitet hat. Uns wurde gesagt, dass Mumbai die grenzenlose Stadt ist. „Alles ist möglich in Mumbai“. Nicht ohne Grund wird die Stadt auch Indiens Hollywood = Bollywood genannt. Hier leben die reichen und schönen Tänzer und Musiker der berühmten Filme, Tür an Tür mit Marktverkäufern, Fischern und Obdachlosen. Die Stadt ist laut und zugleich fließt das Leben leise dahin, sie ist schmutzig und zugleich glänzt sie durch die Prachtbauten im englischen Stil und in der Farbenpracht der Kleidung der indischen Frauen.
 
Hochzeitsvorbereitungen
An unserem dritten Tag ging es dann schon los mit dem Ablauf der Hochzeit und sämtlichen Vorbereitungen und Bräuchen hinsichtlich der kommenden indischen Hochzeit in 3 Tagen. Alle Frauen der Familie der Braut kamen in deren Wohnung zusammen, um sich an ihren Armen mit Henna Farbe verzieren zu lassen. Um an der Hochzeit diese Art Körperschmuck dem Bräutigam zu präsentieren, wurden der Braut während einer 2-stündigen Prozedur die gesamten Arme und Unterschenkel mit dieser Körperfarbe bemalt. Danach heißt es, trocknen lassen, so lange es geht, denn man sagt: Je dunkler die Farbe später auf der Haut ist, desto mehr liebt dich dein Partner. Die Braut trug die getrocknete Farbe sogar noch am Abend, wo ihre Familie zu Tanz und Essen einlud. Mit einem DJ, der für uns eher fremde Klänge spielte, füllte sich die Tanzfläche recht schnell und es wurde versucht, uns steifen Europäern die zarten Bewegungen zu den orientalischen Klängen beizubringen. Schon jetzt hatten wir den Überblick verloren, wer zu welchem Familienteil gehörte und wer Onkel, Tante, Cousine oder Neffe war und wer einfach nur Freunde der Familie. Bei derartigen Großfamilien kann man schon mal den Überblick verlieren. Nichts desto trotz wurden wir von allen herzlich aufgenommen und auch wenn es manchmal an der sprachlichen Barriere scheiterte, strahlte einem immer ein Lächeln entgegen.
 
Hochzeitsvorbereitungen
 
Der Tag vor der Hochzeit
Der Tag vor der Hochzeit ist innerhalb der jeweiligen Familie ganz der Braut bzw. dem Bräutigam gewidmet gewesen. Wir durften diesen mit der Brautfamilie verbringen. Da die Hochzeit der wichtigste Tag im Leben des Ehepaares darstellt, ist ihnen ihr Aussehen natürlich sehr wichtig. Um einen schönen, glänzenden Teint zu garantieren, wurde an diesem Tag das Rasam of Haldi (Ritual of Tumeric/Kurkuma) durchgeführt. Der Heilpflanze Kurkuma werden viele medizinische Wirksamkeiten, vor allem bei Hautproblemen, nachgesagt und es verleihe dem Teint eine schöne, goldene Note. Die Paste aus Kukuma Pulver, Milch oder Öl und Sandelholz Pulver wird der Braut von allen Familienmitgliedern auf Arme, Gesicht und Beine aufgetragen und eingerieben. Diese indische Hochzeitsmaske soll aber nicht nur schöner machen, sondern auch die betroffenen Eheleute vor schlechten Geistern schützen. Im Anschluss wurde der Braut die Farbe von Brautmutter und deren Schwester abgewaschen, da sie selbst am Tag vor der Hochzeit weder das Haus verlassen, noch selber duschen oder essen darf. Die Braut wird den ganzen Tag begleitet und umsorgt, um die letzten Stunden „in Freiheit“ zu genießen. Der ganze Ablauf wurde musikalisch untermalt mit Trommeln und Rasseln und den traditionellen Gesängen der Frauen der Familie. Auch wir konnten uns nicht davor drücken, ab und zu in die Mitte des Raumes gezerrt zu werden und in eher bizarren Bewegungen im Kreis zur Musik zu tanzen.
 
Hochzeitskleid und Hochzeitsschmuck
Dann war er endlich da, der Morgen der Hochzeit. Früh trafen wir in der Wohnung der Braut ein, die sich uns schon in einem ganz anderen Bild zeigte. Geschminkt, frisiert und Hände und Gesicht mit Goldschmuck behangen, wo es nur ging. Zwei Inderinnen wuselten 3 Stunden um die Braut herum und verwandelten sie in eine lebendige Puppe. Auch uns wurde gezeigt, wie man die traditionellen Kleider richtig zu tragen hat und Armreifen über die Handgelenke gezogen, bis nichts mehr ging. Dann ging es schnurstracks in das vom Onkel zur Hochzeit geschenkte neue Auto für Braut und Bräutigam und der Fahrer bahnte sich seinen Weg durch den Stau der Straßen in einen anderen Teil der Stadt, in dem die Trauung stattfinden sollte.
 
Zeremonie
 
Die Zeremonie
Die Hochzeitszeremonie in diesem „Tempel“ erinnerte schon etwas an eine christliche Vermählung mit Ehegelübde und den Dingen, von dem der Priester predigte. Und doch war alles ganz anders. Wir Gäste saßen alle auf dem Boden und lauschten dem Geschehen, das sich hinten im Raum abspielte (Uns wurde von Nichten und Cousins übersetzt). Um eine kleine Feuerstelle saßen in einem Viereck Braut und Bräutigam, die Familie der Braut zu ihrer Rechten, gegenüber die Familie des Ehemannes und zu ihrer Linken der Priester. In unserer „Verkleidung“ im landestypischen Saree, zogen wir während des gesamten Tages die Aufmerksamkeit vor allem der jüngeren Gäste und Familienmitglieder auf uns. Viele von ihnen hatten zuvor noch nie Menschen mit hellerer Haut und Haaren gesehen. Und auch wir waren fasziniert von dem Aussehen der Frauen und Männer und kamen aus dem Staunen über die traditionelle Kleidung gar nicht mehr heraus.
 
Geschenke und Essen
Nach circa einer Stunde gab es zu unserem Erstaunen erst einmal eine kleine Essenspause, in der kleine Pakete mit indischen Köstlichkeiten verteilt wurden. Aus einer besinnlichen Messe wurde plötzlich ein Mittagessen und Plauderstunde. Nach der Stärkung ging es unbeirrt weiter mit den Ritualen, wie „um das Feuer gehen“ und „Getreide hineinschütten“. Die Familien danken damit für die Nahrung, die sie bis jetzt erhalten hatte und beten für ihre gemeinsame Zukunft. Nach einer weiteren halben Stunde wurde das frisch vermählte Ehepaar nun noch von allen Seiten belagert, um gemeinsame Fotos zu schießen und Geld als typischstes Hochzeitsgeschenk zugesteckt. Draußen hieß es nun für die Braut Abschied nehmen von Verwandten und Freunden, da es Brauch ist, dass die Frau für den Rest ihres Lebens zur Familie des Ehemannes zieht. Nach einem tränenreichen Abschied stieg das frisch verheiratete Ehepaar in ihr neues Auto und fuhr davon.
 
Abschied
Wir waren froh, nach diesem langen und extrem heißen Vormittag (30 Grad Außentemperatur plus Feuerstelle) aus den doch nicht so gemütlichen Sarees zu kommen und bis zum abendlichen Dinner, zu dem die Familie des Ehemannes einlud, zu westliche Klamotten zu wechseln. Nachdem wir ein letztes Mal die traditionelle indische Küche im Zusammenspiel aus frischen Kräutern, jeglichem Gemüse und verschiedenen Beilagen, wie Naanbrot oder Reis, genossen hatten, fielen wir zufrieden ins Bett und ließen unsere 5 unglaublich interessanten und vielseitigen Tage in Mumbai Revue passieren. Wir waren uns einig, dass sich die weite Anreise für diesen doch recht kurzen Aufenthalt eindeutig gelohnt hat, da man die Chance, den gesamten Ablauf einer indischen Hochzeit mit derart tiefen Einblicken mitzuerleben, sicher nicht zu oft im Leben bekommt.

 

 07.05.2015

 

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Tags: Kultur, Indien, Reisebericht

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